Auch das aufrichtigste Bemühen um eine gerechte und nachhaltige Welt in Balance wird nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn es seinen Antrieb und seine Mitte aus dem Kraftzentrum lebendiger Spiritualität bezieht. Damit ist mehr gemeint als das gemeinsame moralische Bekenntnis zu einem Weltethos, das sich in unterschiedlichen Variationen in allen großen Weisheitstraditionen der Erde findet. Damit ist auch mehr gemeint als die Verständigung auf international verbindliche Werte und Normen wie etwa die Menschenrechts-Charta der Vereinten Nationen oder die Earth Charta. So kostbar dies alles ist, so schmerzlich müssen wir uns nach einem verheerenden 20. Jahrhundert und vor der Drohkulisse der ökologischen Katastrophe des Klimawandels eingestehen, dass weder Armut, noch Hunger, noch Naturzerstörung, noch der selbstmörderische Umgang mit natürlichen Ressourcen, noch die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen bislang aus der Welt geschaffen wurden. Der Grund dafür dürfte nicht zuletzt darin liegen, dass immer wieder Eigennutz und die Ängste um den Verlust von Macht, Privilegien, Ansehen etc. ein nur mentales Wissen um die globalen Zusammenhänge samt den besten Vorsätzen hinwegzuschwemmen scheinen.

In dieser Situation greift die Einsicht um sich, dass allein ein umfassender Bewusstseinswandel die Menschheit in die Lage versetzen wird, den ihr bevorstehenden globalen Herausforderungen zu begegnen. Allein ein globales Bewusstsein, getragen von einer globalen Spiritualität, wird die Menschheit zu globalen Lösungen für globale Probleme befähigen.

Globale Spiritualität meint dabei die tragende Fundierung menschlichen Tuns in der ganzheitlichen Erfahrung der Zusammengehörigkeit allen globalen Lebens in einer sinnvollen Ganzheit. Diese Erfahrung war in der Geschichte verortet in den Kulten, Zeremonien, Schriften und Überlieferungen der Religionen aller Völker und Kulturen. Sie bildet bis heute das mystische Gravitationszentrum einer jeden lebendigen Spiritualität. Im Zuge der Säkularisierung und der zeitgenössischen Erforschung des Bewusstseins bzw. der Seele hat sie sich teilweise ihres religiösen Kleides entledigt und lebt so auch außerhalb der Religionen in einer transkonfessionellen Spiritualität.

Dieser Umstand erlaubt es, heute die Grundzüge einer globalen Spiritualität zu skizzieren, wie sie sowohl innerhalb als auch außerhalb der religiösen Traditionen der Welt lebendig und wirksam ist. Diesen trans- oder subkonfessionellen Kern aller Religionen und Weisheitslehren freizulegen, heißt der Menschheit das spirituelle Fundament ins Bewusstsein rufen, aus dessen Erfahrung heraus ein wirkmächtiges globales Handeln erfolgen kann – das Fundament, das in den Herzen und Seelen der Menschen gelegt ist und von dort aus die Kraft entfaltet, die Welt zum Guten zu verwandeln.


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Video Hans Jecklin am Global Commons Forum, Salzburg 2009